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STRASSENBAU UND ÖKOLOGIE - AM BEISPIEL DER S 1

Mo, 09. August 2004
Beitrag von Dipl. Ing. Thomas Proksch
Wenn im Jahre 2006 die Wiener Südrandstraße S 1 (ehemals B 301) die Ostautobahn mit der Süd- und Südostautobahn verbinden wird, haben auch Ökologen völlig neue Erfahrungen hinter sich. Denn an der S1 gibt es im Straßenbau Umweltschutz-Begleitmaßnahmen in höchstem Ausmaß. Die S 1 der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen AG ist das erste Straßenbau-Großprojekt, das die strenge Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen musste. Damit verbunden sind sehr hohe Anforderungen an den Natur- und Umweltschutz. Amphibien sind sensible Tiere. Sie haben eine innere Stimme, die ihnen befiehlt, zum Laichen zu wandern - nicht genug: sie müssen dies auch in eine ganz bestimmte Richtung tun. Was aber, wenn eine Großbaustelle - oder später eine Straße den Weg versperrt oder zur Todeszone für Kröte und anderes Getier macht? Dies war eine der Herausforderungen für Landschaftsplaner und Ökologen wie Robert Zideck, der in dem Ziviltechnikerbüro "Land in Sicht" mit einem Team von Fachleuten die Ökologische Bauaufsicht über die rund 16 Kilometer lange S 1 innehat. Er ist dafür verantwortlich, dass die Wechselkröte, eine v.a. im ostösterreichischen Flachland lebende Krötenart, schon während der Bauarbeiten auf Händen getragen wird.

Etwa 250 Exemplare der Bufo viridis, wie das Tier im Zoologenjargon genannt wird, wandern östlich von Schwechat (Baustellenbereich der Grünbrücke) aus ihren Winterquartieren in die umgebende Ackerlandschaft auf der Suche nach Vernässungen, Lacken und ähnlichen Gewässern. Wenn die Männchen ein geeignetes Gewässer gefunden haben, dann locken sie mit lautem Trillern die Weibchen an. Um die Wechselkröten auf ihren Wanderungen zu schützen, wurde die gesamte Baustraße und der Baustellenbereich der Grünbrücke mit einem Krötenzaun abgesperrt, und Kübel säumen die Ränder. Die laichwilligen Kröten werden so in die Kübel abgeleitet, dort gesammelt und gefahrfrei in ihr Laichziel - wenigstens aber über die Straße - gebracht. "Nach Fertigstellung der Straße wird die gesamte S 1 mit einer etwa 40 cm hohen Metall- oder Betonleitwand versehen sein und in verschiedenen Abständen Feuchtzonen haben, sodass die Trennwirkung der Straße für die Kröten deutlich vermindert wird", erläutert Dipl.-Ing. Zideck die späteren Maßnahmen. Betroffen davon ist nicht nur die Wechselkröte, sondern z.B. auch die seltene beim Pulverturmteich von Leopoldsdorf ansässige Rotbauchunke. Die Arbeit der Ökologen und Landschaftsschützer betrifft freilich nicht nur die Amphibien und nicht immer sind es Tiere, deren Lebensraum eingeengt wird. Natürlich gibt es auch seltene Flora, die geschützt werden soll: an der Trasse bei der Pottendorfer Linie weist eine Trockenrasenvegetation seltene Pflanzen auf: dort wird sie abgetragen und auf einer der von den S 1-Bauherren angelegten Ersatzfläche neu aufgelegt. Grünbrücken sorgen überdies dafür, dass die leistungsfähige Straße auch bei starkem Verkehr für Wildtiere gefahrlos passierbar bleibt."Die ökologische Bauaufsicht und die umweltschützerischen Maßnahmen belasten zwar auf den ersten Blick wirtschaftlich so umfangreiche Projekte. Aber ohne Bedachtnahme auf die Umgebung und die Umwelt würde heute keinerlei Akzeptanz für so große Bauvorhaben erzielt werden", heißt es dazu bei der verantwortlichen Straßenerrichterin, der Österreichischen Autobahnen- und Schnellstraßen-AG.
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