ES WIRD WIEDER NOVELLIERT ...
Do, 24. März 2005
Beitrag von Dr. Luzian Paula
Allen recht getan ... ... ist eine Kunst, die - auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung - niemand kann. Galt dieser Satz bereits für die erstmalige Erlassung des UVP-Gesetzes, als der Bau von Kraftwerken, Schnellstraßen oder Hochleistungsbahnen noch politisch geächtet war, gilt er heute umso mehr. Der in den letzten 10 Jahren erfolgte Paradigmenwechsel - von "keine neuen Straßen mehr" zu "dringender Nachholbedarf in der Verkehrsinfrastruktur" - ist schneller erfolgt, als Gesetze darauf reagieren können.
Und schon liegen sich Umweltschutz und Wirtschaft in den Haaren ... Blenden wir etwas zurück: Das erste grosse Straßenprojekt in Österreich, das nach dem neuen UVP-G einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurde, war die B 301 (heute S 1 Wiener Südrandstraße) zwischen der A 2 Südautobahn und der A 4 Ostautobahn. 1997 wurde das Einreichprojekt samt UVE der Behörde vorgelegt, 2000 wurde die Trassenverordnung erlassen. Die nachfolgenden materienrechtlichen Genehmigungsverfahren benötigen auch ihre Zeit, sind entsprechend aufwendig und dauern z.B. bei der ehem. B 301 noch an. Eine Tatsache, die nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Bevölkerung auf zunehmend geringes Verständnis stößt. Das Trassenverordnungsverfahren wurde mit der UVP-Novelle 2000 zwar gestrafft, die nachfolgend erforderlichen Materienverfahren blieben davon aber unberührt. Den größten "Erfolg" dieser Verfahrenstrennung zeigt uns die Farce um den Semmeringtunnel trefflich auf. Naturschutz ist nämlich Ländersache, und damit kann man bei einigem Geschick ungeliebte Bundesprojekte recht schön aufhalten, oder aber auch beschleunigen, wie die rasche Fertigstellung des parallel führenden Semmeringstraßentunnels anschaulich zeigt ... Hier sollte nun die Novelle 2004 des UVP-Gesetzes ansetzen. Lässt man nämlich die UVP für Infrastrukturprojekte nicht mit einer Trassenverordnung sondern mit einem Bewilligungsbescheid enden (wie bei allen anderen, einer UVP zu unterziehenden Anlagen und Einrichtungen), wären darin bereits auch die sonstigen zu beachtenden materiengesetzlichen Vorschriften abgehandelt und somit erledigt. Bei den sonstigen Anlagen nennt man dies "konzentriertes Verfahren", wo der Bewilligungsbescheid nicht nur die Umweltverträglichkeit, sondern auch gleich alle z.B. naturschutzrechtlichen oder baurechtlichen Bewilligungen umfasst. Der Nachteil dabei ist, dass die Einreichunterlagen zum UVP-Verfahren bereits bis ins letzte Detail ausgearbeitet sein müssen, was den Planungsvorlauf naturgemäß zeitlich und finanziell erhöht und spätere Änderungen erschwert. Allerdings spart man sich die nachfolgenden Verfahren (somit Zeit und Geld) und kann sofort mit dem Bau beginnen. Dieser zweite wesentliche Aspekt der UVP-Novelle, wonach durch die Konzentration der einzelnen Materienrechte in das UVP-Verfahren eine zentrale Abwicklung und Durchführung nach bundesweit einheitlichen Standards errreicht werden sollte, stieß naturgemäß dem heiligen Föderalismus sauer auf.
Dass die UVP-Gesetznovelle 2004 kürzlich nicht einmal den Ministerrat passieren konnte, dürfte daher nicht nur auf Meinungsverschiedenheiten zwischen Weinviertler Familienangehörigen zurückzuführen sein ...